Wann darf der Vermieter die Wohnung betreten?
- Jasmina Hamdi
- 14. Mai
- 4 Min. Lesezeit

Das Besichtigungsrecht des Vermieters ist ein in der Praxis häufig konfliktbehaftetes Thema. Grundsätzlich steht dem Vermieter das Recht zu, die vermieteten Räumlichkeiten unter bestimmten Voraussetzungen zu betreten. Dieses Recht gilt jedoch nicht schrankenlos.
1. Steht Vermietern ein Besichtigungsrecht zu?
Ein generelles Besichtigungsrecht des Vermieters ist im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht normiert. Vielmehr ist hierfür Voraussetzung, dass besondere Gründe vorliegen, die das Interesse des Vermieters an der Wohnungsbesichtigung rechtfertigen.
Ob ein Besichtigungsrecht im Mietvertrag wirksam vereinbart werden kann, hängt ganz von der Formulierung der Klausel ab. Enthält ein Formularmietvertrag eine Klausel, die dem Vermieter ein generelles, anlassloses und unbegrenztes Besichtigungsrecht einräumt, so ist eine solche Bestimmung gemäß § 307 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters in der Regel unwirksam. Dagegen können individuell vereinbarte Regelungen zu Besichtigungsterminen – insbesondere mit konkreten Zeitfenstern – wirksam und verbindlich sein, sofern sie den berechtigten Interessen des Mieters, insbesondere im Hinblick auf dessen berufliche und private Lebensgestaltung, in angemessenem Umfang Rechnung tragen.
2. In diesen Fällen ist der Zutritt des Vermieters erlaubt
Sollte eine solche Klausel aber nicht wirksam vereinbart worden sein, so muss bei dem Vermieter ein berechtigtes Interesse an einer Wohnungsbesichtigung vorliegen. Dieses kann sich insbesondere aus dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB ergeben. Ein solches berechtigte Interesse liegt insbesondere in folgenden Fällen vor:
Zur Vorbereitung eines Verkaufs oder einer Neuvermietung, wenn Wohnungsbesichtigungen mit Interessenten erforderlich sind.
Bei der Planung und Durchführung von Modernisierungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen gem. §§ 555a, d BGB, soweit diese ordnungsgemäß angekündigt wurden.
Zur Durchführung von Ablesungen technischer Verbrauchszähler (z. B. für Wasser, Strom oder Gas) durch den Vermieter oder beauftragte Dienstleister.
Zur Feststellung und Beseitigung von Schäden an der Mietsache sowie zur Ermittlung von Schadensursachen.
Bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für drohende Schäden, um rechtzeitig Gefahren für die Substanz des Mietobjekts abzuwenden.
Bei begründetem Verdacht auf vertragswidrige Nutzung der Wohnung, etwa im Fall einer unzulässigen Untervermietung.
Zur Überprüfung von Handwerkerleistungen nach erfolgten Reparaturarbeiten, um deren ordnungsgemäße Ausführung sicherzustellen.
In akuten Notfällen darf der Vermieter nach § 229 BGB nur dann selbst handeln und die Wohnung betreten, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig erreichbar ist. Selbsthilfe ist nur zulässig, wenn unmittelbare Gefahr droht und keine Zeit bleibt, staatliche Stellen einzuschalten.
Hierbei ist anzumerken, dass der Vermieter bei dem Vorliegen eines solchen Grundes nicht alle Räume des Mietobjektes betreten darf. Vielmehr ist er nur berechtigt, diejenigen Räume zu betreten, welche von dem Grund der Besichtigung betroffen sind.
3. So müssen Vermieter Besichtigungen ankündigen
Ein Vermieter darf die Wohnung nur nach vorheriger Ankündigung und mit Zustimmung des Mieters betreten. Die Ankündigung muss rechtzeitig erfolgen – in der Regel mindestens 24 Stunden im Voraus. Bei berufstätigen Mietern wird in der Rechtsprechung häufig ein Vorlauf von mehreren Tagen als angemessen angesehen.
Zudem ist die Besichtigung in Abstimmung mit dem Mieter auf einen zumutbaren Termin zu legen. Sonntage, Feiertage und späte Abendstunden sind grundsätzlich unzulässig, es sei denn, der Mieter stimmt ausdrücklich zu.
4. Darf der Vermieter die Wohnung betreten, wenn der Mieter nicht da ist?
Das eigenmächtige Betreten der Wohnung durch den Vermieter ohne Einwilligung des Mieters – insbesondere während dessen Abwesenheit – stellt eine Verletzung des Hausrechts und damit regelmäßig eine Besitzstörung gemäß § 862 BGB dar. Dem Mieter kann in dem Fall ein Entschädigungsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zustehen. In extremen Fällen kann sogar ein strafbarer Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) vorliegen. Dies gilt aber nicht, wenn ein Notfall gem. § 229 BGB vorliegt.
Um solche Fälle zu vermeiden, darf der Vermieter grundsätzlich keinen eigenen Schlüssel für die Wohnung besitzen. Andernfalls muss der Mieter hierfür seine ausdrückliche Erlaubnis geben. Diese Erlaubnis muss der Vermieter im Zweifel beweisen. Behält der Vermieter dagegen heimlich einen Schlüssel für die Wohnung und betritt sie, ohne vorherige Ankündigung und ohne zwingenden Grund, mit Hilfe seines eigenen Schlüssels, kann der Mieter das Mietverhältnis fristlos kündigen, ohne das es einer vorherigen Abmahnung bedarf (LG Berlin, Urt. v. 09.02.1999 - 64 S 305/98; OLG Celle, Beschluss vom 05.10.2006 - 13 U 182/06).
5. Was passiert, wenn der Mieter die Besichtigung verweigert?
Verweigert der Mieter grundlos die Besichtigung, kann der Vermieter zunächst auf Duldung klagen (§ 242 BGB). In dringenden Fällen kann auch eine einstweilige Verfügung in Betracht kommen. In schwerwiegenden Fällen kann eine beharrliche und grundlose Verweigerung sogar eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen (§ 543 BGB). Je nach Umständen des Einzelfalls, könnte vorher aber erst eine Abmahnung an den Mieter erforderlich sein (§ 543 Abs. 3 BGB).
6. Fazit
Der Wohnraummieter ist nach Ansicht des BGH nicht verpflichtet, dem Vermieter jederzeit das Besichtigen oder Betreten der Mieträume zu gestatten. Eine solche Nebenpflicht des Wohnraummieters besteht vielmehr nur dann, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gibt. Der Vermieter hat nach dem Gesetz keinen Anspruch auf periodischen Zutritt, um den Zustand der Wohnung zu kontrollieren. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist schließlich grundrechtlich geschützt (Art. 13 GG), sodass auch entsprechende Vermieter-AGB dieses Grundrecht nicht aushebeln können.
Im Übrigen muss der Vermieter berechtigte Gründe für eine Wohnungsbesichtigung haben und beim Zutritt stets die Privatsphäre und das Besitzrecht des Mieters beachten. Zu beachten sind dabei stets:
die rechtzeitige Ankündigung,
einvernehmliche Terminabsprachen sowie
die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen
Ob ein Zutrittsrecht des Vermieters besteht oder nicht, hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch mietvertragliche Formularklauseln, die ein Zutrittsrecht des Vermieters oder den Verbleib eines Wohnungsschlüssels bei ihm regeln, sind nur dann zulässig, wenn sie den Mieter nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Bevor man also auf Grundlage einer unzulässig vereinbarten Klausel im Mietvertrag, die Wohnung zwangsweise betritt und sich eventuell in die Gefahr einer fristlosen Kündigung oder Entschädigungspflicht begibt, ist es ratsam, vorher anwaltlichen Rat einzuholen.